mainpost 23.04.2002:
Rätselhaftes Inselduell zweier Männer
Wenn sich zwei Männer treffen,
kann es schon mal knallen. Und genau das tut es in Eric-Emanuel Schmitts
"Enigma" im Bechtolsheimer Hof, als Lokaljournalist Erik Larsen zum Interview-Termin
bei Bestsellerautor Abel Znorko auftaucht.
Eric-Emmanuel Schmitts Theaterstück
"Enigma" im Bechtolsheimer Hof
Einen beschwerlichen Weg hat Larsen,
verkörpert von Frank Müller, bereits hinter sich - Zug und Boot
musste er nehmen, um den auf einer nordnorwegischen Insel hausenden Schriftsteller
aufzusuchen. Der Dank für seine Mühe sind Gewehrkugeln, die dem
verdatterten Larsen denkbar knapp an den Ohren vorbeisausen. Kaum verwunderlich,
dass die Situation zwischen den beiden unterschiedlichen Männern geladen
ist. Abel Znorko kann oder will sich an einen Termin nicht erinnern. Was
diese beiden Männer am Rand der Zivilisation zusammenführt, ist
enigmatisch - rätselhaft.
Znorkos Buch "Die uneingestandene
Liebe" ist ein Liebes-Briefwechsel zwischen Znorko und einer gewissen Eva.
Wer aber ist sie und existiert sie? Beide Männer nähern sich
im Lauf des Gesprächs Stück für Stück der Wahrheit
an - nicht nur Abel Znorko lebt mit einem Geheimnis. Markus Grimm schlüpft
nicht nur in die Rolle des Schöngeistes Znorko, er ist der Unsympath
Znorko, der stets lässig auf einem Zigarillo herumkaut.
Regisseur Hubert Treml gesteht
nach der Premiere: "Wir wussten ohne Publikum nicht genau, wie diese Wortfülle
ankommen würde." Die Sorge war unbegründet, das Publikum lauschte
dem dynamischen Dialog mit großer Spannung.
Der Lokaljournalist Larsen nimmt
des öfteren Schal und Jacke, wenn die Beleidigungen von "Menschenfresser"
Znorko sich zu sehr hinter schönen Worten verstecken. Doch es gelingt
ihm, Znorko aus der Reserve zu locken und Persönliches zu erfahren
- auch Schmerzhaftes. "Enigma"-Autor Eric-Emmanuel Schmitt berührt
philosophische Fragen, vor allem die der Liebe: Wen liebt der Mensch, wenn
er einen anderen liebt? Wie viel kann er von ihm, von ihr wissen, welche
unbekannten Seiten gibt es an einem Menschen, der einem doch so nahe steht?
Mit einer Antwort versucht sich
"Enigma", das immer wieder durch unerwartete Wendungen überrascht.
Im Gewölbekeller des "B-Hofs" stellte sich rätselhaftes Insel-Feeling
dank der schauspielerischen Leistung von Frank Müller und Markus Grimm
und der Regie von Hubert Treml ein: kleine Bühne - großes Theater!
Colin Fischer